I hope this Rauschen wird nicht vergehen
Einzelausstellung in der Galerie Perpétuel Frankfurt am Main


Vilém Flusser beschrieb in einem seiner Vorträge die Geschehnisse draußen in der Welt als ein Rauschen, das erst durch das Drinnen, den Ort des Bewohnten hörbar gemacht wird. Andreas Lorenschat selbst ist der Ansicht, dass jenes Eintreten der Welt in den Innenraum immer mit einem Verlust an Tatsächlichem und dem Gewinn an Illusorischem verbunden sei.Mit diesem Rauschen erfüllt Andreas Lorenschat die Räume der Galerie Perpetuel. »I hope this Rauschen wird nicht vergehen« greift die Sehnsucht des Suchens und Findens von Bildern und ihr Verschwinden auf.

Der Künstler arbeitet an der Schnittstelle zwischen Fotografie und Video. Durch eine feste Kameraeinstellung mit unverändertem Bildausschnitt wird das bewegte Videobild zum fotografisch anmutenden Standbild, das von Bewegung nur durchzogen wird. >Videografien< nennt er seine Arbeiten, die auf Flachbildschirmen präsentiert werden und somit nicht nur an eine Fotografie, sondern auch an ein klassisches Tafelbild erinnern.
Die Videoarbeit »Das Meer« zeigt nächtlich funkelnde, sich langsam bewegende Wellen. Die Lichtquelle des Schim-merns ist nicht auszumachen. Es scheint sich um Reflektionen von Sternen zu handeln. Doch bei der romantisch anmutenden Nachtsituation trügt der Schein. Die ursprüngliche Tagesaufnahme wurde durch einen technischen Eingriff des Karlsruher Künstlers in ein nächtlich schimmerndes Meerbild verwandelt.

In der Ausstellung »I hope this Rauschen wird nicht vergehen« verweist Andreas Lorenschat auch auf den von Flusser beschriebenen Transformationsprozess der Zeichen und zeigt neben einer Videoarbeit neue Werke, die zwischen Gedankenbild und Erinnerung changieren. Die »skizzierten« Bilder werden erst durch die mediale Übersetzung im Kopf des Betrachters präsent und lassen Freiräume für Assoziationen entstehen.
Aus Textzeilen der Textserie »Die Aussicht« transformierte Andreas Lorenschat die ursprünglichen Reisebeschreibungen zu einer Verdichtung von Eindrücken. Wie in einem Versuch des gleichzeitigen Erinnerns lassen sich nun nur noch Fragmente der Texte entziffern. Zusammenhang und Deutbarkeit der Zeichen verschwimmen in der Überlagerung bis hin zu ihrer Auflösung - Buchstabe für Buchstabe.

Ein immer wieder auftauchendes Klacken eines Diaprojektors lässt eine entsprechende Projektionsarbeit im Ausstellungsraum vermuten. Die Arbeit »Die Diaschau« beschränkt sich jedoch allein auf die Klangwiedergabe der Bewegung, der im Ausstellungsraum betrachteten Bilder.
Während in der Arbeit »Die Diaschau« die Bilder vollständig verschwinden, so bleibt doch bei der raumbezogenen Arbeit »Der Spiegel« zumindest ein Verweis zurück. Ein in der Galerie montierter Spiegel wurde durch eines seiner Spiegelbilder ersetzt. Was zurück bleibt ist ein >fotografischer Abdruck< des Spiegels vom Ausstellungsraum selbst.


Feuilleton Frankfurter Rundschau vom 25.05.2007